07 – Rohes Spiel oder Tätlichkeit

Verbandsgericht Nr. 22 (2017/18)

Verbandsgericht Nr. 22 (2017/18): Berufungsverhandlung gegen das Urteil Nr. 00125-17/18-4000002 der Spruchkammer zum Meisterschaftsspiel der B-Junioren Musterlandliga Musterhausener SK – FC 03 Neumusterheim vom 17.03.2018.

Urteil: 

Die Berufung des FC 03 Neumusterheim gegen das Urteil der Spruchkammer wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens (475,- Euro) fallen FC 03 Neumusterheim zur Last.

Die Berufungsgebühr wird auf 75,- Euro festgesetzt.

Urteilsgebühr: 20,- Euro

Gründe:

In dem angefochtenen Urteil der Spruchkammer zum Meisterschaftsspiel der B-Junioren Musterlandliga Musterhausener SK – FC 03 Neumusterheim vom 17.03.2018 war der Spieler des FC 03 Neumusterheim, Max Mustermann gemäß § 7 Nr. 3a SWFV -StrafO in Verbindung mit § 7 Nr. 2a SWFV-StrafO mit einer Gesamtspielsperre vom 18.03. bis 17.07.2018 belegt worden. Die Berufungsführerin hat ihr form- und fristgerecht eingelegtes Rechtsmittel auf den Straffolgenausspruch beschränkt.

Die Berufungsverhandlung hat zu folgenden Feststellungen geführt: In der 78. Spielminute wurde der Ball von FC 03 Neumusterheim Richtung Strafraum des Musterhausener SK gespielt. Der Spieler Max Mustermann (FC 03 Neumusterheim) lief dem Ball hinterher und dabei auf den an der Strafraumgrenze stehenden Torhüter des Musterhausener SK, den Spieler Moritz Musterring, zu. Der Spieler Musterring nahm, nachdem der Ball den Strafraum erreicht hatte, diesen mit beiden Händen auf. Der Spieler Mustermann konnte den Ball ohne Einwirkung auf den Gegner nicht mehr erreichen und setzte daher zu einer Grätsche gegen den Torhüter an, wobei er hierbei mit beiden Beinen voraus in Richtung des Torhüters sprang. Bei dieser Aktion traf der Spieler Mustermann den Torhüter schräg von vorne mit zumindest einem Fuß, und zwar mit der Sohle seines Fußballschuhes, im Bereich des Fußes/Schienbeins. Der Spieler Musterring stürzte zu Boden und musste behandelt werden. Er litt in der Folge an Schmerzen in dem von dem Spieler Mustermann getroffenen Bereich, die über den Spieltag hinaus andauerten. Ob sich der Spieler Mustermann direkt nach der Aktion bei dem Torhüter entschuldigt hat, konnte nicht sicher festgestellt werden. Im Anschluss geriet der Spieler Mustermann in eine verbale Auseinandersetzung mit Gegenspielern, im Zuge derer der Spieler Mustermann zu den Gegenspielern „Fuck you“ und „Halt die Fresse Du Wichser“ äußerte. Im weiteren Verlauf zeigte der Schiedsrichter dem Spieler Mustermann die rote Karte, worauf dieser zunächst das Spielfeld, aber nicht den Innenraum verließ. Dies erfolgte erst nach mehrfacher Ermahnung des Schiedsrichters. Bei Verlassen des Innenraums trat der Spieler Mustermann aus Verärgerung gegen eine Werbetafel.

Aufgrund dieser Feststellungen, die im Wesentlichen auf den glaubhaften Bekundungen des Schiedsrichters beruhen (§ 33 Nr. 3a RVO), weil die Aussagen der übrigen Zeugen des FC 03 Neumusterheim teilweise widersprüchlich waren und der Beschränkung des eingelegten Rechtsmittels durch die Berufungsführerin, ist die Berufung des FC 03 Neumusterheim zurückzuweisen.

Die Ahndung des Vorfalles in der 78. Minute durch die Spruchkammer schränkte eine Verfolgung der Aktionen des Spielers Mustermann auf den Tatbestand des § 5 StrafO, des Rohen Spieles, ein. Der schwerwiegendere Vorwurf, nämlich den Einsatz des Spielers Mustermann gegen seinen Gegenspieler als Tätlichkeit im Sinne des § 4 StrafO zu ahnden, ist von der Spruchkammer nicht in Betracht gezogen worden. Aus dem Verbot der Schlechterstellung des Berufungsführers und damit des Spielers Mustermann war eine Würdigung des Sachverhaltes dahingehend, ob der Spieler Mustermann während seiner Vorgehensweise gegen den Spieler Musterring den Ball tatsächlich noch erreichen konnte oder die Absicht einer Körperverletzung zweifelsfrei ersichtlich war (Tätlichkeit), damit nicht mehr geboten. Zu Gunsten des Spielers Mustermann war daher zu unterstellen, dass er noch die objektive Möglichkeit hatte den Ball zu treffen oder zu spielen. Umgekehrt war die Grätsche des Spielers Mustermann gegen seinen Gegenspieler auch nicht als lediglich unsportliches Verhalten im Sinne des § 3 der StrafO anzusehen, da schon bei dem Ansatz der Aktion erkennbar war, dass der Versuch des Spielers Mustermann noch vor dem Spieler Musterring den Ball zu erreichen, fehlschlagen würde. Der Spieler Mustermann hat gleichwohl eine sehr risikobehaftete Aktion gegen seinen Gegenspieler ausgeführt, die, selbst wenn er noch den Ball getroffen hätte, in jedem Fall auch für den Spieler Musterring ein hohes Verletzungsrisiko mit sich führte, in dem er mit vorgestreckten Füßen in seinen Gegenspieler hineinrutschte und diesen sogar tatsächlich im Bereich des Fußes/Schienbeins traf.

Bei der Frage der Höhe des Strafrahmens war insoweit die Vorgabe in § 7 Nr. 3a StrafO zugrunde zu legen, wonach eine Sperre wegen rohen Spiels mit einer Mindeststrafe von zwei Wochen bis zu sechs Monaten zu bestrafen ist. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass der Spieler Mustermann bislang nicht vorbelastet ist und glaubhaft bekundet hat, dass er seinen Gegenspieler nicht habe verletzen wollen. Allerdings veranlasst die Art und Weise der ausgeführten Attacke und das vom Beschuldigten Mustermann insoweit bewusst in Kauf genommenen Risikos einer schweren Verletzung seines Gegenspielers das Berufungsgericht, eine Einzelstrafe in Form einer Spielsperre von 3 Monaten und 2 Wochen als sach- und schuldangemessen anzusehen. Für das im Anschluss von dem Beschuldigten Mustermann gezeigte unsportliche Verhalten in Form der Äußerungen gegenüber den Gegenspielern und seinem Verhalten bis einschließlich Verlassen des Innenraums war aus Sicht des Berufungsgerichts eine Einzelstrafe in Form einer Spielsperre von 1 Monat als sach- und schuldangemessen anzusehen, § 7 Nr. 2a StrafO. Diese beiden Einzelstrafen hat das Berufungsgericht auf eine Gesamtspielsperre von 4 Monaten zurückgeführt, weshalb die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 der Rechts- und Verfahrensordnung.