Christian Gittelmann zeigt Flagge in Europa

24.07.2022
Von Horst Konzok, aus SÜDWEST FUSSBALL 2/2022

Bei Familienfeiern stand Christian Gittelmann im heimischen Gauersheim stets unter Druck. Jürgen Steuerwald und Armin Bauer, Jahrzehnte als Schiris  bewährt, versuchten Gittelmann für den Schiedsrichter-Job zu begeistern. Vor 20 Jahren gab er nach, legte mit gerade 19 die entsprechenden Prüfungen ab. Und machte Karriere. Seit 2019 steht er als Schiedsrichter-Assistent auf der FIFA-Liste. Gittelmann, inzwischen 39, zeigt in ganz Europa Flagge.

 

 

International ist er in 61 Städten in 34 Ländern bereits zum Einsatz gekommen – Champions League, Europa League, Länderspiele, zuletzt in der Nations League. Wie in der Bundesliga assistiert Gittelmann auch bei internationalen Spielen dem Hamburger FIFA-Referee Tobias Stieler. Man kennt sich seit Jahren, man ist nach fünf Jahren im Team bestens eingespielt. „Man weiß wie der andere tickt“, sagt Christian Gittelmann. „Der Schiedsrichter ist im Team die höchste Instanz, er muss final entscheiden. Wir Assistenten müssen den Schiedsrichter in entscheidenden Situationen unterstützen, da gibt es ja auch viel Kommunikation über Head-Set. So unterstützt auch der Vierte Offizielle, der viel mehr tut, als etwa nur für Ruhe zwischen den Trainerbänken zu sorgen“, klassifiziert der lange Blonde aus der Nordpfalz.
Der studierte Betriebswirt hat sich beruflich neu orientiert und arbeitet mit großer Begeisterung als Projektleiter für die DFB-Stiftung Egidius-Braun.

Auf die Karte als Schiedsrichterassistent gesetzt

Auf der Karriereleiter ist Christian Gittemann als Schiedsrichter schnell nach oben geklettert. Sein Talent hatten seine Förderer früh erkannt. So ist Gittelmann speziell Dieter Pommeranz aus Zellertal, dem langjährigen Schiedsrichter-Obmann des Fußballkreises Kaiserslautern-Donnersberg, sehr dankbar für manch guten Rat. Der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Werner Föckler aus Weisenheim am Sand erkannte bei Lehrgängen und Prüfungen, dass der wissbegierige Gittelmann seinen Weg machen wird. 2013 hat sich der 1,90 Meter große Nordpfälzer spezialisiert, hat ganz auf die Karte als Schiedsrichterassistent gesetzt und eine Bilderbuchkarriere gemacht.

Von einem Bierbecher am Kopf getroffen

„Ich wurde aus Liebe zum Fußball Schiedsrichter“, sagte Gittelmann einmal, der in diesem Frühjahr Schlagzeilen schrieb, auf die er gerne verzichtet hätte. Beim Bundesligaspiel zwischen dem VfL Bochum und Borussia Mönchengladbach wurde Gittelmann von einem Bierbecher am Kopf getroffen, erlitt eine Schädelprellung. Das Spiel wurde abgebrochen und mit 2:0 für Gladbach gewertet. Gittelmann erholte sich schnell, auch seelisch fühlte er sich rasch wieder gut und kehrte umgehend zurück in sein Revier an der Außenlinie. „Ich habe auch jetzt bei den Spielen keine Angst, weil ich mit dem Rücken zu den Zuschauern stehe“, betont Gittelmann. „Natürlich würde ich auch wieder bei Einsätzen in Bochum dabei sein“, versichert der 39-Jährige, der die Entschuldigungen der Bochumer Vereinsverantwortlichen sofort annahm.

„Ich bin körperlich topfit“

Christian Gittelmann trainiert höchst professionell, fast jeden Tag, um seinen Sport optimal ausüben zu können. „Ich bin körperlich topfit. Du musst konditionell topfit sein, um die volle Konzentration über die volle Spielzeit zu haben“, betont Gittelmann. „Ich mache die meisten Einheiten auf dem Platz, ich habe aber auch eine entsprechende Fitnessausstattung im Keller“, sagt der für die SV Gauersheim aktive Gittelmann. Wichtig für ihn ist, viele Fußballspiele anzuschauen, Videostudien zu betreiben, um sich optimal auf kommende Aufgaben vorzubereiten. Er hat tolle Arenen gesehen, er war beim DFB-Pokalfinale in Berlin im Einsatz, saugt die Stimmung in den Stadien in aller Welt auf. Seine Bodenhaftung lässt den Mann mit dem besonderen Auge, der periphäres Sehen trainiert, den steilen Aufstieg mit Stolz und Demut angehen. „Ich genieße jedes Spiel. Jedes Spiel ist wichtig – auch jedes Freundschaftsspiel. Die Spieler haben verdient, dass auch wir so ins Spiel gehen.“   

Ruhe, Ausgleich und Entspannung findet Christian Gittelmann daheim im Gauersheim bei seiner Frau und den drei Kindern. Die Tochter ist 13, als Reiterin aktiv, der Siebenjährige kickt in der Gauersheimer F-Jugend, wo der Papa im Trainerteam mitwirkt. Der Jüngste (eineinhalb) freut sich natürlich, wenn der Papa Zeit für ihn findet.

Von Horst Konzok, aus SÜDWEST FUSSBALL 2/2022