Nr. 00015-24/25-4000001: Berufung im Umlaufverfahren gegen das Urteil Nr. 00045-24/25-4000005 der Spruchkammer Musterland vom 1. Oktober 2024 zum Meisterschaftsspiel der Herren Musterlandliga zwischen dem GW 1908 Musterdorf und dem Musterstadter BSC
Urteil:
Auf die Berufung des Musterstadter BSC wird das Urteil der Spruchkammer Musterland vom 1. Oktober 2024 aufgehoben. Das Spiel ist neu anzusetzen. Die Kosten des Verfahrens und des Berufungsverfahrens fallen der Verbandskasse zur Last.
Gründe:
I.
Im Meisterschaftsspiel zwischen dem GW 1908 Musterdorf und dem Musterstadter BSC am 22. September 2024 konnte der Schiedsrichter Max Mustermann in der 27. Minute aufgrund eines ihn betreffenden medizinischen Notfalls das Spiel nicht mehr weiterleiten. Nachdem der Krankenwagen und dann auch der Notarzt gerufen worden waren, die den Schiedsrichter vor Ort ärztlich versorgten, wurde er mit dem Krankenwagen in ein Krankenhaus gebracht. In der Zwischenzeit erschien auf dem Platz der Zuschauer Herr Martin Musterbacher, der im Besitz eines DFB Schiedsrichterausweises ist. Auf Nachfrage erklärte dieser sich bereit, für den ausgefallenen Schiedsrichter Mustermann einzuspringen und das Spiel fortzuführen. Der GW 1908 Musterdorf war mit diesem Vorgehen einverstanden, der Musterstadter BSC nicht, da sich die Spieler aufgrund des Vorfalls nicht in der Lage sahen, das Spiel fortzusetzen und sie den eingesprungenen Schiedsrichter aufgrund eines bereits 2,5 Stunden zuvor gepfiffenen Spiels für nicht mehr in der erforderlichen körperlichen Verfassung hielten. Der Musterstadter BSC brach daraufhin das Spiel ab.
Ein Austausch zwischen dem ausgefallenen Schiedsrichter Mustermann und Herrn Musterbacher hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden.
Mit Urteil vom 1. Oktober 2024 hat die Spruchkammer Musterland den Musterstadter BSC wegen schuldhaften Herbeiführens eines Spielabbruchs gemäß § 6 Nr. 6 d) StrafO iVm § 37 Nr. 2 SPO mit einer Geldstrafe von 50, - € belegt, das Spiel gemäß § 29 e) SPO für Musterstadter BSC mit 0:2 Toren und 0 Punkten als verloren und für den GW 1908 Musterdorf mit 2:0 Toren und 3 Punkten als gewonnen gewertet sowie den Staffelleiter angewiesen, das Heimrecht der Rückrundenpartie zu tauschen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Musterstadter BSC, mit der insbesondere vorgetragen wird, eine Fortsetzung des Spiels sei unter den gegebenen Umständen nicht zumutbar gewesen.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Wie von der Spruchkammer Musterland zutreffend ausgeführt, fehlt es an einer Regelung in der Spielordnung für den Fall, dass ein Schiedsrichter verletzungsbedingt oder aus anderen gesundheitlichen Gründen ein Spiel nicht mehr weiterleiten kann. Eine (analoge) Anwendung der Vorschrift des § 37 Nr. 2 SPO – die das Vorgehen regelt, wenn der Schiedsrichter ausbleibt - scheidet jedoch aus. Anders als beim kompletten Nichterscheinen des Schiedsrichters liegt beim krankheitsbedingten Ausfall eines Schiedsrichters während eines Spiels bereits ein Zeitraum vor, in dem der ausgefallene Schiedsrichter das Spiel geleitet hat. Ein Schiedsrichterwechsel setzt in diesen Fällen voraus, dass der Schiedsrichter zunächst erkennt, dass er verletzungsbedingt oder aus anderen gesundheitlichen Gründen ein Spiel nicht mehr ordnungsgemäß weiterleiten kann und er in einem nächsten Schritt die Spielleitung an einen anderen Schiedsrichter übergibt, indem er dem übernehmenden Schiedsrichter die aktuellen Informationen zum Spiel, wie den aktuellen Spielstand, die erfolgten Auswechslungen, bereits erteilte persönliche Strafen, bereits ausgesprochene Ermahnungen, die Dauer einer erfolgten Unterbrechung u. ä. mitteilt (sog. „Übergabegespräch“) und diesen damit in die Lage versetzt, das Spiel ordnungsgemäß weiterleiten zu können.
Kann jedoch wie vorliegend ein Schiedsrichter aufgrund eines ihn betreffenden medizinischen Notfalls weder die Entscheidung für eine freiwillige Spielabgabe treffen noch die Spielleitung an einen anderen Schiedsrichter übergeben, scheidet ein Schiedsrichterwechsel während eines Spiels aus, so dass das Spiel nicht fortgesetzt werden konnte und neu anzusetzen war. Insofern war die Entscheidung des Musterstadter BSC, das Spiel nicht fortsetzen zu wollen, nicht ursächlich für den Spielabbruch.
Abschließend soll aber noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Entscheidung, ein Spiel vorzeitig zu beenden, grundsätzlich alleine dem Schiedsrichter zusteht und nicht in das Ermessen der Vereine gestellt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 RVO.