Ein Nachruf zur Erinnerung an Horst Eckel

30.12.2021
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Horst Eckel - Nachruf des SWFV

Der stille Star als Vorbild für Generationen - Deutschland trauert um den letzten verbliebenen „Helden von Bern“: Horst Eckel ist am 3. Dezember 2021 im Landstuhler Krankenhaus gestorben. Der Fußball-Weltmeister von 1954 wäre am 8. Februar nächsten Jahres 90 Jahre alt geworden. Eckel, der Ehrenspielführer des 1. FC Kaiserslautern, Ehrenmitglied des Südwestdeutschen Fußballverbandes, war ein stiller Star, ein Sportsmann vom Scheitel bis zur Sohle. Fairness war ihm Gesetz. „Seinen“ FCK trug Eckel immer im Herzen.

 

Stets nahbar, immer ansprechbar für seine Bewunderer, sehr freundlich, wenn er um ein Autogramm oder auch um Selfies gebeten wurde, sozial engagiert – das war der Mensch Horst Eckel, dem die Familie heilig war. Fast 70 Jahre verheiratet mit seiner Hannelore war Eckel seinen Töchtern Dagmar und Susanne ein stets besorgter Papa. Zwei Enkel machten sein privates Glück daheim in Vogelbach nahe Kaiserslautern, wo er auch geboren ist, perfekt. Dort ging auch sein Stern als Fußballer auf. Dort schoss er mit 17 in der ersten Mannschaft Tore am Fließband. Sie öffneten dem gelernten Werkzeugmacher und späteren Realschullehrer für Werken und Sport die Tür zum 1. FC Kaiserslautern. Dort wurde er zum Rechtsaußen, später zum rechten Außenläufer umfunktioniert. Schachzüge, die sich der große Sepp Herberger ausdachte und der Lauterer Meistermacher Richard Schneider vollzog. Eckel, der „Windhund“, legte im WM-Endspiel als „Wachhund“ Ungarns Top-Star Hidegkuti an die Kette.

 

Zweimal Meister mit dem FCK

Im Trikot der Roten Teufel und im Dress der deutschen Nationalmannschaft hat Eckel Fußballgeschichte geschrieben. Am 4. Juli 1954 ist er mit der deutschen Mannschaft, die sein Vorbild und Ziehvater Fritz Walter als Kapitän führte, durch ein sensationelles 3:2 gegen Ungarns „Wundermannschaft“ mit Ferenc Puskas im Berner Wankdorf-Stadion Weltmeister geworden. Mit seinen 22 Jahren war Eckel der jüngste Spieler der Weltmeister-Mannschaft, in der mit Fritz und Ottmar Walter, Werner Kohlmeyer und Werner Liebrich vier weitere Lauterer spielten. Mit „seinem“ FCK feierte Eckel 1951 und 1953 zwei deutsche Meisterschaften, 1954 und 1955 wurde er mit seinem Herzensverein Vizemeister. Für den FCK erzielte Eckel in 213 Spielen 64 Tore. Von der Bundesrepublik Deutschland wurde Horst Eckel 1954 mit dem Silbernen Lorbeerblatt und 2004 mit dem großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Die Ehrung berührte ihn besonders, weil sein Freund, der damalige Ministerpräsident Kurt Beck, sie vollzog. Vom DFB erhielt er 2007 das DFB-Ehrenschild. Im Oktober 2017 gründete Eckel mit seiner Tochter Dagmar die Horst-Eckel-Stiftung. Über seine Stiftung werden sportbezogene Bildungsprojekte gefördert und Sportangebote für ältere Menschen unterstützt. In der Stiftung wird Horst Eckel weiterleben.

 

„Sie alle haben ihn geliebt“

Peter Peters, der seine Funktionärskarriere im Fußballgeschäft einst beim FCK startete, würdigte die „Legende Horst Eckel“ in seiner Funktion als Erster DFB-Vizepräsident: „Die Nachricht vom Tode Horst Eckels hat mich tief getroffen. Ich habe Horst Eckel nicht nur als einen unserer Fußballhelden verehrt, sondern ihn auch persönlich über alle Maßen geschätzt. Er hat mir 1991 nach meinem Einstieg in den Fußball beim 1. FC Kaiserslautern sehr geholfen, diesen Verein und seine Menschen kennenzulernen. Denn sie alle haben ihn geliebt. Weil er ein herausragender Fußballer war, vor allem aber wegen seines so positiven und einnehmenden Wesens, wegen seines großartigen Charakters. Er hat jedem Wertschätzung und Respekt entgegengebracht, er hat Ehrlichkeit und Bodenständigkeit ausgestrahlt. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich Horst Eckel kennenlernen durfte. Er war ein großartiger Weggefährte. Er wird uns allen sehr fehlen.“

 

„Held meiner Jugend“

„Horst Eckel ist ein Held meiner Jugend“, schwärmte Erfolgstrainer Otto Rehhagel immer wieder, der die „Helden von Bern“ verehrte. Hans-Peter Briegel, die „Walz aus der Pfalz“, schätzte die Bescheidenheit und Demut des Weltmeisters von 1954, dem er sich wie Stefan Kuntz und Andreas Brehme, der Weltmeister von 1990, eng verbunden fühlte. Andreas Brehme sagte zum Tod der Ikone Eckel: „Das tut mir in der Seele weh. Wir hatten ein super Verhältnis, Horst war ein tausendprozentiger Freund.“ „Mit seinem Ehrgeiz war Horst ein Vorbild“, erklärte Stefan Kuntz, der ehemalige FCK-Chef und Kapitän der Lauterer Meistermannschaft von 1991. Kuntz: „Mir hat immer die Ehrlichkeit und Bodenständigkeit von Horst gefallen. Für ihn und seine Mitspieler stand über allem die Kameradschaft.“ Die Art und Weise, wie die Walter-Brüder und Eckel über Fußball sprachen, die Mannschaft über alles stellen, das imponierte Miroslav Klose sehr, der sich an diesen Werten auf seinem Weg zum Weltmeister 2014 orientierte. „Das waren meine Vorbilder. Ich bin stolz, dass ich sie kennenlernen durfte“, sagte Miro Klose. 

 

Stolz und bescheiden

Aus elf Spielern wurden die „Helden von Bern“ – Horst Eckel war einer von ihnen, ohne sich als Held zu fühlen. Das spricht für seine gelebte Bescheidenheit. „Ich hatte nie einen Gegenspieler – ich hab’ keinen gesehen, ich war einfach schneller …“, schilderte Horst Eckel im September 2020 in einem Interview der RHEINPFALZ schmunzelnd, wie er Hidegkuti, dem Regisseur, das Drehbuch aus der Hand nahm. Der WM-Gewinn beseelte neun Jahre nach Kriegsende das Land und seine Menschen. Der Fußball gab der Nation eine neue Identität. Nicht wenige sahen und sehen im 4. Juli 1954, dem Tag des Endspiels, den zweiten Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland.

 

Wunder von Bern

„Mich überrascht immer wieder, wie viele Menschen, gerade auch junge, unsere Geschichte noch kennen“, sagte Eckel nicht selten. Der Sieg blieb unvergessen, die „Helden von Bern“ sind Helden für die Ewigkeit geworden. Horst Eckel sagte mit der ihm eigenen Demut, seiner Bescheidenheit: „Egal, wohin ich komme, ich werde auf das Wunder von Bern angesprochen. Ich bin stolz, dass ich dabei sein durfte!“

 

Vater-Sohn-Beziehung

„Es war fast eine Vater-Sohn-Beziehung“, beschreibt Eckel das besondere Verhältnis zu Fritz Walter, der Freund und Vorbild war: „Wir haben uns nicht nur fußballerisch gut verstanden, sondern auch menschlich. So war es all die Zeit – von Anfang bis zum Ende.“ Fritz Walter war Entdecker und Förderer Eckels, der 2006 WM-Botschafter war, sich in der Sepp-Herberger-Stiftung engagierte. Da besuchte er viele Gefängnisse, versuchte den jungen Häftlingen Mut zu machen, die zweite Chance im Leben mit Disziplin und Fleiß zu nutzen.

1965 hat Horst Eckel seine Fußballer-Laufbahn nach fünf erfolgreichen Jahren beim Regionalligisten Röchling Völklingen beendet. Sport spielte weiter eine große Rolle im Leben des Weltmeisters von 1954: Tischtennis und Tennis betrieb er lange aktiv, blieb in der Lotto-Elf bei Benefizspielen am Ball und dann als Teammanager treu. Er wird uns allen fehlen!

 

 

Text: Horst Konzok - Erschienen im SÜDWEST-FUSSBALL 3/2021
Bilder: GettyImages