Bundesliga-Kommentar: Der Protest der Stille

08.03.2022
Bundesliga-Kommentar von Horst Konzok

Der Krieg in der Ukraine – in allen Stadien, in denen in den Bundesligen der Ball rollt, das Thema. Gedenk- und Schweigeminuten, der Protest der Stille. Und sichtbare Signale – Plakate der Fans, Landesfahnen der Ukraine auf den Rängen, in München wurde die Allianz-Arena in Landesfarben der Ukraine angestrahlt, Spielführerbinden im Blau und Gelb der Ukraine werden getragen. Schalke, „Gazprom“ ist ja inzwischen von der Trikotbrust verschwunden und durch „VivaWest“ ersetzt, setzte unter den Namen des neuen Hauptsponsors die Zeilen „GEmeinsam für Frieden“ samt Friedenstaube, der VfL Wolfsburg spielte in Trikots auf deren Vorderseite das VW-Logo mit dem Peace-Symbol ersetzt wurde.  Der Fußball zeigt Flagge. Das ist gut. Die Ukraine braucht Solidarität. Die Flüchtlinge brauchen unsere Hilfe.

 

Voronin flüchtet nach Putins Angriff
Der ehemalige Bundesliga-Profi Andriy Voronin hat Russland fluchtartig verlassen und seinen Job als Co-Trainer von Dinamo Moskau wegen des Krieges, den Putin in seiner ukrainischen Heimat führt, gekündigt. Voronin, einst bei Borussia Mönchengladbach, Mainz 05, 1. FC Köln, Bayer Leverkusen, FC Liverpool und Hertha BSC am Ball,  war Assistent des früheren Mainzer Trainers Sandro Schwarz. Dass der im Amt geblieben ist, dafür hat Voronin Verständnis. Im SWR-Fernsehen sagte Andriy Voronin, die Dinamo-Spieler hätten den Coach eindringlich geblieben, sie nicht im Stich zu lassen. Schwarz sei  zunächst einmal aus menschlichen Gründen geblieben. 

 

Farke und Gisdol verlassen Russland
Zwei andere deutsche Trainer haben Russland nach Putins Angriff auf die Ukraine verlassen: Daniel Farke kündigte bei FK Krasnodar. Markus Gisdol trat am 1. März als Cheftrainer von Lokomotive Moskau wegen des Einmarschs der russischen Armee in der Ukraine zurück. Auf dem freien Trainerstuhl sitzt jetzt ein Deutscher: Marvin Compper, den Gisdol aus Hoffenheimer Zeiten kennt, war bisher als Analyst für Lokomotive tätig. Jetzt ist Compper Interimstrainer. Verstehen muss man ihn nicht…

 

„Fohlen“ vergaloppieren sich
Schwer zu verstehen ist auch, was alles bei Borussia Mönchengladbach schief läuft. Am Samstag vergaloppierten sich die „Fohlen“ in Stuttgart, verspielten eine 2:0-Führung und unterlagen dem VfB mit 2:3. Ein verdienter Sieg der Schwaben – das belegen 9:3-Chancen. Gerade mal vier Punkte trennen die Gladbacher auf Platz 13 von Hertha BSC auf dem Relegationsplatz. Die Berliner haben 23 Punkte, der VfB Stuttgart hat als Vorletzter 22 Zähler, wittert aber nach dem Ende der Misserfolgsserie wieder Morgenluft. Dazu trägt auch der wiedergenesene Torjäger Sasa Kalajdzic bei.

 

„Alte Dame“  liegt intensiv
Im Tiefflug – Hertha BSC. In acht Rückrundenspielen holten die Berliner zwei Punkte.  Beim 1:4 gegen Eintracht Frankfurt leisteten die Protagonisten in Blau und Weiß einen sportlichen Offenbarungseid. Der Trainerwechsel, den der allmächtige Geschäftsführer Fredi Bobic Ende November nach einem 1:1 gegen den FC Augsburg vollzog, brachte nichts. Im Gegenteil! Bobic, der Pal Dardai durch Tayfun Korkut ersetzte, muss erkennen, dass das nichts brachte, dass das gar nicht passt. Korkut, der Lösungen finden sollte, ist selbst Teil der Probleme. Das Fachmagazin „Kicker“ urteilt vernichtend, sieht in ihm einen Trainer, „der die Kutsche immer öfter vor die Pferde stellt“. Die Kaderplanung von Fredi Bobic  erscheint ähnlich desaströs wie zuletzt unter Michael Preetz. Bobics Plan, Kevin Prince Boateng als Führungsspieler zu holen, ging voll daneben. Geholfen hat der Prinz nur vor der Saison beim Trikotverkauf!  Auf dem Platz wirkt er wie ein müder Ackergaul, der sich auf die Rennbahn nach Hoppegarten verlaufen hat. Mit einer Notbremsung, sprich einem weiteren Trainerwechsel, ist in Berlin zu rechnen. Hertha, die „alte Dame“, ist mal wieder auf der Intensivstation. 

 

Text: Horst Konzok (SWFV-Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit)
Bild: Getty Images