Wohnzimmer-Spaß: „Wir-kicken-zu-Hause-Liga“

06.04.2020
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#WirKickenzuHause-Liga

E-Sport: Auch in der Corona-Krise ruht der Spielbetrieb des Südwestdeutschen Fußball-Verbands nicht ganz. Am Samstag hatte die neue „Wir-kicken-zu-Hause-Liga“ ihren Saisonstart. Unter den 596 Konsolen-Sportlern, die sich mit Playstation oder Xbox im Fifa 20 messen, sind 63 Südwestpfälzer, die für ihren Verein starten.

Der Ball kommt über Kylian Mbappé zu Neymar, und der macht das, was er am besten kann: ein Tor. Und der Pirmasenser Maurice Krebs jubelt. Denn nicht etwa Thomas Tuchel lenkte zu diesem Zeitpunkt die Schritte der Fußballstars von Paris St. Germain, sondern eben der 19-jährige Schüler und Offensivspieler des SV Ruhbank. Lässig und doch hochkonzentriert sitzt er mit seiner Playstation auf dem Sofa im Wohnzimmer und lässt seinem Konkurrenten vom Ex-Verbandsligisten SV Spabrücken keine Chance. Krebs gewinnt sein erstes Spiel in der neuen „Wir-kicken-zu-Hause-Liga“ des Südwestdeutschen Fußballverbands (SWFV) mit 6:0.

Da wegen der Corona-Krise auf den realen Sportplätzen der Ball ruht, hat der SWFV eine E-Sport-Konkurrenz ausgelobt. 596 „Teams“ haben sich nach der Ausschreibung angemeldet, darunter 63 aus dem Fußballkreis Pirmasens/Zweibrücken. „Das ist überwältigend. Mit solch einer Resonanz hatten wir überhaupt nicht gerechnet“, sagt Verbandsmitarbeiter Timm Ritterböck, in der Verbandsgeschäftsstelle einer der Initiatoren der Computerspiel-Liga.

In 34 Klassen wurden die Teilnehmer aufgeteilt. Der FK Clausen und der FK Pirmasens sind mit je vier Teams vertreten, wobei ein „Team“ nicht mehr und nicht weniger als ein Spieler ist. Der SWFV gibt für die Begegnungen zwar prinzipiell einen festen Termin vor, doch in der Praxis vereinbaren die Duellanten individuell, wann genau sie gegeneinander spielen. Ein E-Fußball-Spiel dauert zweimal sechs Minuten. Dabei dürfen sich die Akteure ein Lieblingsteam aussuchen, sei es Bayern München, der FC Liverpool oder Juventus Turin. Allerdings: Alle Mannschaften verfügen über die exakt gleiche Spielstärke, den sogenannten 85er-Modus, so dass zum Anpfiff absolute Chancengleichheit herrscht. Die virtuellen Spieler laufen ins Stadion ein, stellen sich auf und klatschen sich ab, bevor der Schiri die Partie anpfeift. „Allerdings verzichten die meisten E-Football-Spieler auf dieses Ritual und fangen gleich an zu spielen“, erzählt Steffen Bischoff, Vorsitzender des FK Clausen, der an der Playstation als Clausen IV aktiv ist und am Sonntag ein 2:2-Remis erreichte.

Auch FKC-Keeper Christoph Schütt und dessen Mitspieler Jonas Schäfer waren übers Wochenende am Ball beziehungsweise am Hebel. In Trainingsspielen gegeneinander hatten sich die beiden auf den Saisonstart vorbereitet. Schütt gewann gegen einen E-Sportler des SV Oberolm mit 5:0, weil er nach seiner Führung den Gegner „ausgekontert“ habe, wie er berichtet.

„Ich bin Schüler und habe im Moment viel Zeit. Da übe ich schon mal zehn bis zwanzig Stunden in der Woche“, erzählt Maurice Krebs vom SV Ruhbank. „Ich bin nicht mehr als ein vielleicht guter Amateur“, sagt Schütt über seine Spielstärke. Der 24-Jährige verweist auf die Profis in dieser immer populärer werdenden Disziplin: „Gegen die hätte ich absolut keine Chance.“

Nach den ersten sechs Minuten werden die Seiten gewechselt, denn „die Spieler werden auch beim E-Football müde“, erklärt Steffen Bischoff. Jeder Spieler darf zudem drei Auszeiten zu je 40 Sekunden nehmen, in denen er Spieler auswechselt und/oder die Taktik verändert. Es gibt auch Fouls, Rote und Gelbe Karten, die sich dann auch auswirken können. Und wenn Neymar, von Krebs dirigiert, zum Strafstoß anläuft, dann wie in „echt“ mit den ihm üblichen Verzögerungen und Cristiano Ronaldo jubelt virtuell wie in der Realität. Es ist ein ganz großer Spaß, dieser elektronische Fußball.

„Wir wollen erreichen, dass die Fußballer in der Corona-Krise zu Hause bleiben“, nennt Ritterböck einen wichtigen Grund für die SWFV-Initiative. Gespielt wird dreimal in der Woche, und die Ergebnisse sind im Internet-Portal „fussball.de“ (unter Südwest, Turniere, Freizeitsport, Landesturnier) eingepflegt. Den wichtigsten Satz sagte indes FKC-Torwart Schütt: „Echter Fußball ist mir aber viel lieber als der virtuelle.“

Quelle: Die Rheinpfalz, Pirmasenser Rundschau, Text Helmut Igel