Walking Football: Im Schritttempo zum Tor

26.05.2022
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Walking Football

Walking Football ist die langsame Version des Fußballs. Der Südwestdeutsche Verband hofft, damit ältere Spieler wieder in die Vereine zu integrieren. Das Kicken im Gehen hat zudem gesundheitliche Vorteile.

 
Edenkoben. Fußball spielen ohne dabei rennen zu dürfen, das können sich einige der Teilnehmer vor der Fortbildung noch gar nicht so richtig vorstellen. Andere setzen genau darauf ihre Hoffnungen – wenn im Alter der Körper nicht mehr so mitspielen will, aber die Lust auf Fußball immer noch da ist.

Darauf zielt Walking Football, auch Gehfußball genannt, ab: beim Fußballspielen zu gehen, genauer gesagt, immer einen Fuß auf dem Boden zu behalten. Wenn jemand rennt, pfeift der Schiedsrichter ab. Körpereinsatz wie Grätschen sowie Schüsse über einen Meter Höhe sind auch verboten. Dementsprechend gemütlich sieht das Spiel aus: Der Pass in den Lauf fällt weg, stattdessen müssen die Spieler erstmal üben, ihren Mitspielern den Ball direkt in den Fuß zu spielen.

Auch das Spielfeld ist anders bemessen als beim normalen Fußball: Auf einem 41 mal 21 Meter großen Feld sollten drei Mal ein Meter große Tore stehen. Für das Probetraining tun es zunächst aber auch der Strafraum eines regulären Fußballfelds und zwei umgekippte Tore, die mit Stangen verkleinert werden. „Da hat man eine hohe Flexibilität. In einem Freundschaftsspiel kann man auch gemeinsame Lösungen finden“, sagt Caja Zohren, die die Fortbildung leitet.

Weniger belastend für Muskeln und Gelenke

Die 21-Jährige ist Projektverantwortliche für Walking Football bei Eintracht Frankfurt, wo sie seit drei Jahren ein Gehfußball-Team trainiert. Ihre Bachelorarbeit im Fach Sportwissenschaften schreibt sie darüber, welche gesundheitlichen Vorteile die Sportart hat. „Die explosive Bewegung nach vorne fällt weg“, erklärt sie. Dadurch sei Walking Football weniger mit Verletzungsgefahr verbunden und weniger belastend für Muskeln sowie Gelenke. Auch für die Psyche sei es von Vorteil, in einer Mannschaft zu spielen und im Verein integriert zu sein.

2011 entstand Walking Football in England und kam über die Niederlande nach Deutschland. Einige Profiklubs, aber auch immer mehr Amateurvereine, haben hier mittlerweile Walking-Football-Teams für Spieler über 55 Jahre oder mit Handicap, die auch in einer Liga gegeneinander antreten.

Vorreiter in der Pfalz ist der FK Petersberg

Vorreiter in der Pfalz in Sachen Walking Football ist der FK Petersberg. Bei dem südwestpfälzischen Verein fand schon im vergangenen Sommer ein Probetraining statt. „Das hat schon Wellen geschlagen“, sagt Matthias Belzer vom FK Petersberg, der im SWFV Beauftragter für Walking Football ist. Zwischen zehn und 15 Männer kommen dort regelmäßig zum Training – „es ist schade, dass noch keine Frauen dabei sind“, sagt Belzer. Prinzipiell wird Walking Football in gemischten Teams gespielt.

An der Fortbildung des SWFV sind jedenfalls nicht nur die Alten Herren aus den Fußballvereinen interessiert. Linda Becker, Inklusionslotsin des Sportbunds Pfalz, hofft, die Fußballvariation auch im Inklusionssport zu nutzen. „Vor allem im Bereich der motorischen oder geistigen Behinderungen ist es gut, wenn es nicht so um die Schnelligkeit geht.“

Ein Netzwerk an Vereinen aufbauen

Beim abschließenden Testspiel sind die Sportler sichtlich mit Spaß bei der Sache. „Ihr hattet ein gutes Tempo, am Schluss war dann aber die Konzentration weg“, sagt Zohren nach dem Abpfiff. Der ein oder andere Sprung zum Ball, der beim Walking Football eigentlich nicht sein soll, war dann wieder zu sehen. „Total ungewohnt“, findet Ralph Höhn vom Lehrstab des SWFV die für ihn neuen Spielregeln. Eine „super Sache“ sei es trotzdem. Für den Verband geht es nun darum, ein Netzwerk an Vereinen aufzubauen, die Walking Football anbieten, um im kommenden Jahr ein Turnier auszurichten.

Quelle: DIE RHEINPFALZ, 17.05.22, Text von Elena Bruckner