Kommentar von Horst Konzok - Tränen lügen nicht

02.02.2022
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Christian Heiden vom FSV Mainz 05 - Bild Getty Images

„Wer Winter-Transfers macht, hat im Sommer was falsch gemacht.“ Hat Christian Heidel, heute Sportvorstand des 1. FSV Mainz 05, zu seiner Zeit als Sportdirektor des Fußball-Bundesligisten 1. FSV Mainz 05 einmal gesagt. Das ist eine sicher nicht  falsche Sicht der Dinge. Andererseits bietet der Winter-Schlussverkauf die Möglichkeit auf Ausfälle zu reagieren, unzufriedene Spieler abzugeben, Kurskorrekturen vorzunehmen. Die „Nullfünfer“ haben auch in diesem Winter mit Bedacht gehandelt: Delano Burgzorg, 23, ein Außenbahn-Turbo, ist auf Leihbasis mit Kaufoption vom niederländischen Erstligisten Heracles Almelo gekommen. Beendet  ist das Kapitel Jean-Philippe Mateta. Vor einem Jahr wurde der Stürmer, der nicht in das Mainz passte, das die Troika Heidel/Schmidt/Svensson sehen möchte, an Crystal Palace verliehen, das den 24-Jährigen jetzt ablöste.    

 

Transferhammer Max Kruse

Ein Hammer ist der Transfer von Max Kruse, dem Top-Scorer des 1. FC Union Berlin, zum VfL Wolfsburg. Dort war Kruse, der am 19. März 34 Jahre alt wird, 2015/16 schon mal in Lohn und Brot. Nun soll der kreative Offensivmann mit seiner Klasse und Führungsqualität helfen, den drohenden Abstieg des VW-Klubs abzuwenden. Trainer Florian Kohfeldt, dessen Stuhl wackelt, kennt und schätzt Kruse aus guten Bremer Tagen und klammert sich an einen letzten Strohhalm. 

 

Kruse wiederum macht keinen Hehl daraus, dass das Geld den Ausschlag gab. Da war alle Romantik rund um das Projekt „Eisern Union“ vergessen. Wenigstens hat er uns erspart, das Wappen auf dem Trikot zu küssen und auf die Tränendrüse zu drücken. Die Köpenicker wissen, dass sie mit ihrem „Super Max“ eine echte Trumpfkarte aus der Hand geben. Aber ein halbes Jahr vor Vertragsende noch einmal fünf Millionen für den Star kassieren zu können, erleichterte den Abschied. Im Gegenzug holt Union Sven Michel vom SC Paderborn zur Alten Försterei, der beim Zweitligisten die beste Halbserie seiner Karriere spielte. Ein ganz anderer Typ als Kruse, so dass der Transfer auf den ersten Blick nicht so recht Sinn macht.

 

Borussia Mönchengladbach nach der Ära Max Eberl

Borussia Mönchengladbach hat  Denis Zakaria ein halbes Jahr vor Vertragsende abgegeben. Sportlich ein Verlust, wirtschaftlich notwendig. Der Schweizer Nationalspieler heuert bei Juventus Turin an.  4,5 Millionen Euro bekommt Gladbach laut Juve für den Deal, weitere unfassbare 4,1 Millionen fließen laut des italienischen Rekordmeisters an den Berater, wohl auch an den Spieler und andere Profiteure. Gladbach blieb ein weiterer ablösefreier Abgang nach Matthias Ginter erspart, aber vor einem Jahr noch waren 20 Millionen für den heute 25-jährigen Zakaria ausgerufen. 

 

All das hat wohl auch dazu geführt, dass das Geschäft Fußball, dass der oft unerbittliche Kommerz, Sportdirektor Max Eberl krank gemacht haben. Der war lange Zeit als Schnäppchenjäger gefeiert worden. Er holte Marco Reus einst für eine Million Euro von LR Ahlen und  verkaufte ihn drei Jahre später für 17 Millionen an Borussia Dortmund. Aus dem Königsklassenanwärter Borussia Mönchengladbach ist ein Abstiegskandidat geworden, erstmals hat sich Eberl möglicherweise bei der über sieben Millionen Euro teuren Trainerverpflichtung vergriffen. Adi Hütter steht in der Kritik. Der sah sich plötzlich auch Max Eberl ausgesetzt. Er hat nun den ehrlichen Weg in die Öffentlichkeit gesucht, ist aus seinem langfristigen Vertrag ausgestiegen und will erst einmal wieder gesund werden. Dafür alles Gute einem sympathischen Sportsmann, der lange Jahre sehr erfolgreich wirkte. Er ging sehr bewegt. Tränen lügen nicht!   

 

Text: Horst Konzok (SWFV-Öffentlichkeitsausschuss)
Bild: GettyImages