Interview mit Axel Rolland - Gesellschaftliche Verantwortung

17.03.2022
Ehrenamt beim SWFV

Axel Rolland, Mitglied im Präsidium des SWFV, Kreisvorsitzender des Kreises Birkenfeld, Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche Verantwortung und Landesehrenamtsbeauftragter, stand uns für ein Interview Rede und Antwort. In diesem Interview ging es um sein ehrenamtliches Engagement, welche Vorteile für ihn das Ehrenamt mitbringt und wie man neue Ehrenamtliche Mitarbeiter:innen gewinnen und motivieren kann. 

 

Viel Spaß beim Lesen. 

Interview mit Axel Rolland 

SWFV: Was macht für Sie das Ehrenamt aus?

Axel Rolland: Tatsächlich gibt es viele Gründe, manche davon sind sogar ganz praktischer Natur. Denn auch wenn ehrenamtliche Arbeit bedeutet, für seinen Einsatz kein Geld zu erhalten, bekommst du dafür viele andere wertvolle Dinge zurück:

 

  • Soziale Verantwortung

Ehrenamtliches Engagement gibt dir die Chance, Dinge zu bewegen. Du kannst etwas verändern, soziale Verantwortung übernehmen. Leben und gesellschaftliche Prozesse mitgestalten. Etwas Sinnvolles tun. Viele Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler schätzen dieses gute Gefühl, ihren Platz gefunden zu haben und nicht nur für sich, sondern auch für andere, für die Gesellschaft etwas zu tun und die Welt ein Stück besser zu machen.

 

  • Selbsterfahrung

Durch das Ehrenamt lernst du viel und kannst praktische Erfahrungen sammeln. Dadurch erweiterst du deinen Horizont, erwirbst neue Fähigkeiten und Fertigkeiten und erlebst dich selbst in neuen Situationen. Menschen, die wiss- und lernbegierig sind, offen für Veränderungen, schätzen es, sich im Ehrenamt weiterentwickeln zu können.

 

  • Kontakte knüpfen

Beim Ehrenamt kommst du unter Menschen, knüpfst neue Kontakte und kannst dich mit anderen austauschen. Wer gerne neue Leute unterschiedlichster Herkunft und ganz unabhängig vom Alter kennenlernt, kann dies sehr gut im Rahmen eines ehrenamtlichen Engagements tun. Sich gemeinsam für eine gute Sache einsetzen, an einem Strang ziehen, auch mal diskutieren, zusammenarbeiten und Erfolge feiern: Im Ehrenamt findet man Gleichgesinnte – und oft auch Freunde fürs Leben.

 

  • Berufe ausprobieren

Ehrenamtliches Engagement kann dir sogar bei deiner beruflichen Karriere von Nutzen sein. So bietet es dir die Chance, verschiedene berufliche Tätigkeitsfelder auszuprobieren, dort Erfahrungen zu sammeln, deine Kompetenzen zu erweitern und Dinge zu erlernen, die dir im Job zugutekommen oder bei einer Bewerbung von Vorteil sind. Denn viele Arbeitgeber bewerten ehrenamtliches Engagement positiv. Das Beste: Wenn du dich im Jahr mindestens 80 Stunden ehrenamtlich und freiwillig engagierst, kannst du dir einen Kompetenznachweis ausstellen lassen. Er führt auf, welche besonderen Fähigkeiten und Qualifikationen du während deiner ehrenamtlichen Tätigkeiten erworben bzw. eingebracht hast. Damit hast du’s sogar schriftlich!

 

  • Prioritäten setzen

Mit deinem Engagement für Menschen in Not, für Tiere oder die Umwelt, für deinen Sportverein, die freiwillige Feuerwehr, Menschen mit Behinderung oder eine Bürgerinitiative in deiner Stadt kannst du gezielt Prioritäten in deinem Leben setzen und tun, was dir wirklich wichtig ist. So hast du eine direkte Einflussmöglichkeit und kannst daran mitarbeiten, dass sich Dinge zum Besseren verändern und deine Herzensprojekte vorangetrieben werden.

 

SWFV: Welche Bedeutung hat das Ehrenamt für den Fußball?

Axel Rolland: Der Fußball in Deutschland ist Ehrenamt! Und das Ehrenamt ist die Grundlage für alles. Ohne gute Arbeit an der Basis keine Spitzenleistungen, ohne das Ehrenamt keine Erfolge der Nationalmannschaften.

 

SWFV: Was sind die wichtigsten Aspekte des ehrenamtlichen Engagements? 

Axel Rolland: Ehrenamtliches Engagement verbessert nicht nur die Lebenssituation derer, denen es zugutekommt. ... Aber auch dies ist richtig: Engagement wird belohnt. Mit Dankbarkeit, sozialen Beziehungen und dem besonderen Gefühl, etwas Gutes zu tun und etwas mit anderen Menschen zu gestalten, was Freude macht.

 

SWFV: Was sind für Sie die wichtigsten Motive für ein ehrenamtliches Engagement?

  • Anerkennung/Ansehen
  • Stärkung des Selbstwertgefühls
  • Persönliche Beziehungen
  • Soziale Gerechtigkeit/soziale Eingliederung
  • organisieren/sich kümmern/Durchsetzen eigener Ideen/etwas bewegen wollen
  • Einflussnahme/Führungsposition übernehmen
  • Wissenserweiterung/Erwerb von Qualifikationen/Fortbildungsmöglichkeiten/Zeugniserwerb
  • Wettkampf/Erfolge/Titel gewinnen/sportliche Herausforderung

 

SWFV: Welche persönlichen Erfahrungen und Kompetenzen haben Sie aus Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit mitgenommen? Was hat Sie am meisten geprägt?

  • Glaubwürdigkeit: Ehrlichkeit im eigenen Auftreten.
  • Vorbild sein: Sich bewusst machen, was einem an der eigenen Führung wichtig ist und dies auch leben und umsetzen.
  • Konsequentes Handeln: Anderen zeigen, woran sie sind.
  • Authentizität: Mit den eigenen Ecken und Kanten offen umzugehen und sich so zu zeigen, wie man ist.
  • Lebenserfahrung nutzen: Die bisherigen Erfahrungen nutzen und das eigene Wissen mit anderen teilen.
  • Selbstreflexion: Das eigene Tun hinterfragen und daraus Lernerfahrungen ableiten.  

 

SWFV: Was würden Sie einem, am ehrenamtlichen Engagement interessierten, jungen Menschen mit auf den Weg geben?

  1. Weiterentwicklung deiner Sozialkompetenz
    Eins ist unumstritten, die Bereitschaft sich sozial zu engagieren, stärkt die Empathie für deine Mitmenschen, pushed dein Selbstbewusstsein und zahlt auf deine Persönlichkeitsentwicklung positiv ein. Neben der fachlichen Qualifikation spielt in Unternehmen auch die soziale Kompetenz eine wichtige Rolle, weshalb dir ein Ehrenamt im Umgang mit anderen Menschen und Kollegen viel beibringen kann.
     
  2. Fortbildung im Fokus
    Das Ehrenamt kann dir einen neuen Blick auf die Welt bescheren. Du suchst frische Impulse auch über dein persönliches Studienfach hinaus und möchtest deinen Horizont erweitern? Mit deinem Beitrag ein soziales Projekt zu unterstützen, ist genau der richtige Weg.
     
  3. Bonus für deinen Lebenslauf
    Auch bei deinen zukünftigen Chefs kommt soziales Engagement gut an. Laut einer Studie der Uni Köln und der Universität Leuven schließen Personalmanager bei Studierenden mit einem sozialen Engagement auf eine überdurchschnittliche Teamfähigkeit der Bewerber*innen.
     
  4. Feel good durch gutes Tun
    Deutschland ist ein Ehrenamtsland. Egal ob als Blutspender, beim Vorlesen im Seniorenheim oder bei der aktiven Hilfe im Naturschutz: Zeitspenden ist nicht nur auf der Seite der Empfänger eine wichtige Herzensangelegenheit. Auch für dich als Mensch bringt ein Ehrenamt Erfüllung und eine tiefe innere Zufriedenheit.
     
  5. Punkte im Studium durch Social Credits
    Ehrenamtliche Arbeit wird honoriert. Privates Engagement im Ehrenamt wird an immer mehr Universitäten durch ECTS-Punkte anerkannt. Um Leistungen von Studierenden im europäischen Hochschulraum vergleichbar zu machen, werden Studieninhalte mit Leistungspunkten über das European Credit Transfer System eingeteilt. Diese ECTS-Credits gibt es auch immer häufiger für soziale Leistungen, z.B. für geleistete Hilfe während der Covid-19-Krise. Sammle Punkte und qualifiziere dich neben deinen Fachinhalten aus dem Studium auch mit deiner Persönlichkeitsbildung für dein späteres Berufsleben.

 

Deine Zukunft startet jetzt - Wie du siehst, hat ein Ehrenamt viele Vorteile. Das Schönste an sozialem Engagement ist jedoch der Dank deiner Mitmenschen, den du erfahren wirst. Du bist neugierig und willst mehr erfahren? Mittlerweile gibt es sogar Agenturen, die sich auf die Vermittlung von ehrenamtlichen Tätigkeiten spezialisiert haben und auch auf unserer Ehrenamts-Jobbörse wartet mit Sicherheit schon eine spannende Aufgabe auf dich, mit der du der Gesellschaft etwas zurückgeben kannst. Los geht’s!

 

SWFV: Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht die richtige Qualifikation für das Ehrenamt? Wie wichtig sind entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildungen?

Sich gut für die Aufgaben zu qualifizieren und in der Tätigkeit zu begleiten, ist mindestens genauso wichtig, um Überforderung vorzubeugen, den Zusammenhalt der Ehrenamtlichen zu stärken und das Engagement nachhaltig zu gestalten.

 

SWFV: Die „Anerkennung“ ist ein entscheidender Bereich im Ehrenamt. Wie verhält es sich in Ihrem Verband mit der Anerkennungskultur? Wie sollte ehrenamtliches Engagement aus Ihrer Sicht ausreichend und entsprechend gewürdigt werden?

Der DFB hat im Rahmen der "DFB-Aktion Ehrenamt" eine Anerkennungskultur für ehrenamtliches Engagement geschaffen, mit deren Hilfe jährlich bundesweit herausragend engagierte Menschen in den Amateurvereinen ausgezeichnet werden. Die Einführung des DFB-Ehrenamtspreises war ein Impuls für viele Kreise, Bezirke und Landesverbände eigene lokale und regionale Ehrungen durchzuführen.

In den vergangenen knapp 25 Jahren wurden deutschlandweit fast 7.500 ehrenamtliche Vereinsmitarbeiter*innen direkt ausgezeichnet und davon 2.400 in den „Club 100“ aufgenommen. Zudem wurden fast 70.000 Ehrenamtsurkunden und 50.000 DFB-Ehrenamtsuhren als Anerkennungsauszeichnung an verdiente Vereinsmitarbeiter*innen ausgegeben.

„Bottom-Up-Prinzip“ als Grundlage

Für die Umsetzung der DFB-Anerkennungskultur sind dabei die Landes- und Kreisverbände ein unverzichtbarer Bestandteil. Durch das Netzwerk werden Informationen bis an die Vereine geleitet und dafür gesorgt, dass die „richtigen Preisträger*innen“ ausgewählt werden. Denn bei allen Ehrenamtsförderpreisen herrscht das „Bottom-Up-Prinzip“. Die Kreise wählen ihre Sieger*innen aus und melden diese weitern an Landesverband und DFB. Aus DFB-Sicht ein selbstverständlicher Vorgang, denn niemand kennt die Vereine und deren Ehrenamtliche besser als der Kreisverband.

Das System des gemeinschaftlichen Melden, Auszeichnen und Feiern hat sich zwei Jahrzehnten bewährt. Dennoch wird stetig über die bestehenden Inhalte und Umsetzungen diskutiert. Stillstand bedeutet oftmals Rückschritt. Verschiedene Hintergründe haben deswegen vor allem in der Legislaturperiode 2013 bis 2016 für entscheidende Weiterentwicklungen gesorgt.
Die Mehrwerte des DFB-Ehrenamtspreis und vor allem des „Club 100“ wurden noch stärker an die Bedürfnisse der Ausgezeichneten angepasst. So gibt es unter anderem die Möglichkeit persönliche Anerkennung in den Vereinen der Preisträger*innen – dem Ort der "Fußballfamilie", an dem das ehrenamtliche Engagement ausgeübt wird – zukommen zu lassen und ebenso die Vereine an sich noch stärker teilhaben zu lassen. Neben dem klassischen "DFB-Ehrenamtspreis" mitsamt der Möglichkeit zur Berufung in den „Club 100“ des DFB sowie den Sonderehrungen durch die Landesverbände wurde im Jahr 2015 mit der Aktion "Fußballhelden Aktion junges Ehrenamt" ein zusätzlicher Ehrenamtsförderpreis speziell für junge, talentierte Ehrenamtliche geschaffen. Auch hierbei steht die Initiierung in engem Zusammenhang mit der Anpassung an den besonderen Bedürfnissen junger Ehrenamtlicher.

 

SWFV: Vor allem der Begriff „Führung“ taucht im Ehrenamt immer wieder auf. Welche Bedeutung hat Führung / Führungsverantwortung für Sie?
Ehrenamtliche Führung basiert hauptsächlich auf der Motivation der Freiwilligen selbst und der Motivation der Führungskraft. ... Das ist dann der Fall, wenn der ehrenamtlichen Führungskraft vertraut wird und sie als Person und in der Führungsrolle akzeptiert wird.

 

SWFV: Welchen Herausforderungen begegnen Sie regelmäßig in der (ehrenamtlichen) Führung?

  • Ziele und Erwartungen klar genug kommunizieren.
  • Gutes Zeitmanagement (alles unter einen Hut zu bekommen).
  • Unklare oder widersprüchliche Aussagen (keine widersprüchliche Kommunikation).
  • Kein Leistungsdruck aufkommen lassen (realistischer Plan erstellen, Konzepte zu erstellen).
  • Eigene Erwartungen stets Überdenken 

 

SWFV: Was hilft ehrenamtlichen Führungskräften bei der Ausübung Ihrer Funktion?
Ehrenamtliche Führung basiert hauptsächlich auf der Motivation der Freiwilligen selbst und der Motivation der Führungskraft. Es gibt keine vertragliche Struktur, wie beispielsweise einen Arbeitsvertrag, auf den die Führungskraft zurückgreifen kann oder auch keine disziplinarischen Sanktionsmittel wie Abmahnungen oder Kündigungen. Genauso wenig gibt es das Instrument der "Gehaltserhöhung". Die Führung ist daher ganz eng an die Person der Führungskraft und deren Verhalten geknüpft. Sie wird nur gelingen, wenn der Engagierte mit der Führung einverstanden ist und sich freiwillig zu einer Leistung oder einem Verhalten überzeugen lässt. Das ist dann der Fall, wenn der ehrenamtlichen Führungskraft vertraut wird und sie als Person und in der Führungsrolle akzeptiert wird.

 

SWFV: Vielerorts liegt das Ehrenamt fest in der Hand von Ehrenamtlichen die sich oftmals bereits mehr als 20, 25 Jahre engagieren. Das Zepter muss jedoch irgendwann an die junge Generation weitergegeben werden. Wie kann man gerade junge Menschen für ehrenamtliche Mitarbeit motivieren und gewinnen?

  • Mitarbeit möglichst flexibel und niederschwellig.
  • Verantwortung und Budget für eigene Projekte übertragen.
  • Einen erfahrenen Mentor aus dem Verband/Verein zur Seite stellen (unterstützen und nicht vorgeben)
  • Ohne Druck ausprobieren lassen – es gibt kein Scheitern im Ehrenamt!

 

Vielen Dank für das ausführliche Gespräch und weiterhin viel Spaß im Ehrenamt.