SWFV-Sprechstunde: Diagnose Kreuzbandriss

13.05.2023
Bereich
Dr. Gregor Berrsche

Die Diagnose Kreuzbandriss möchte kein Sportler bei sich gerne hören. Doch warum sind gerade für Fußballer Kreuzbandrisse so schwerwiegend? Die Kreuzbänder sind der zentrale Pfeiler für die Stabilität des überwiegend durch Bänder geführten Kniegelenks.

Schätzungsweise 80% aller Kreuzbandrisse treten im Sport auf, davon ist überwiegend (90%) das vordere Kreuzband betroffen. Unfallmechanismus ist zumeist eine kurze, x-beinartige Bewegung (sog. „medialer Kollaps“) des Knies. Gerade im Fußball in Kontaktsituationen, durch Abstopp-Bewegungen und schnelle Richtungswechsel ist jedoch ein stabiles Kniegelenk unerlässlich. Instabilitätsbedingte Folgeschäden betreffen zumeist den Meniskus und die Knorpelflächen. War früher ein Kreuzbandriss für Fußballer noch oftmals das Ende der Karriere, so ist heutzutage durch eine minimal invasive Operation und eine gezielte Physiotherapie die Rückkehr zum Sport, auch auf Leistungs- und Spitzenniveau wieder möglich. Für eine möglichst optimale Versorgung sollten Betroffene und Betreuer im Verdachtsfall das folgende beachten:

Erstversorgung

  • PECHRegel (Pause, Eis, Compression, Hoch lagern)
  • zeitnahe ärztliche Untersuchung, ggf. Röntgen und MRT (KernspinUntersuchung in der „Röhre“)
  • bis zur endgültigen Diagnose, keine Vollbelastung (Krücken benutzen), da eine Schwellung sonst schlechter abklingt und in bis zu 50% Begleitverletzungen (s. Bild 2) bestehen, die sich verschlimmern können (v.a. Innenband und Meniskus)  

Therapie

  • stets individuelle Abwägung von Operation und konservativer Therapie
  • konservative Therapie bei fehlender Instabilität und fortgeschrittenem Verschleiß
  • bei Fußballern und insbesondere bei Instabilität ist die Operation zu empfehlen
  • Operation: Goldstandard ist ein Kreuzbandersatz mit körpereigener Sehne (s. Bild 3)

durch erfahrene Kreuzbandchirurgen mit individueller Planung zur bestmöglichen Heilung (s. Bild 4)

  • hiernach zunächst Krückenphase im Anschluss, Bewegungstherapie nach Abschwellen und Übergang zur Vollbelastung binnen weniger Wochen
  • dann Stabilitätstraining, Koordinations und Konditionstraining sowie schrittweiser Kraftaufbau (Grundlagenausdauer) für die nächsten 4-6 Monate
  • ab 80% Funktionalität zur gesunden Gegenseite dann Beginn individuelles, sportartspezifisches Training (Fußball: Passen, Dribbeln, Spielzugtraining,  Schußtraining), zunächst kein intensiver Gegner oder Zweikampfkontakt (!!)
  • SportFreigabe nach weiterem Krafttraining abschließender sportärztlicher Untersuchung empfohlen
  • volle Spieltauglichkeit für Fußball (Faustregel): 12 Monate

Prävention

  • Stabilisierungsprogramme im TrainingsAlltag: z.B. Fifa11+ und Fifa11+ kids
  • Mädchen und Frauen mit höherem Risiko (bis zu 8fach): StopX Programm (https://www.stopx.de)

Fazit

Knieverletzungen mit Kreuzbandbeteiligung sind für Fußballer schwerwiegend für die langfristige Funktion. Bei subjektiver Instabilität ist die operative Wiederherstellung des Kreuzbandes zu empfehlen. Eine gezielte Physiotherapie und Krafttraining sind anschließend über mehrere Monate notwendig um die Funktion vollständig wiederherzustellen.

Text: Dr. Gregor Berrsche und Dr. Patrick Belikan. Aus Magazin SÜDWEST FUSSBALL, 1/2023

Foto oben: Kreuzbandplastik nach Einheilung.

Foto unten: Kreuzbandplastik mit körpereigener Sehne.

Kreuzbandplastik

Kreuzbandplastik