„Zur Not wieder alles auf null“: Interview mit Dr. Drewitz und Michael Monath

14.01.2021
Dr. Hans-Dieter Drewitz

Interview: Wann wird das Leder im Amateurfußball wieder auf den Plätzen in der Pfalz rollen? Eine Frage, die Hans-Dieter Drewitz, der Präsident des Südwestdeutschen Fußballverbandes, und Geschäftsführer Michael Monath regelmäßig gestellt bekommen. Warum sie sich mit drei Alternativen beschäftigen und welche Sorgen sie haben.

 

Herr Drewitz, der Lockdown wurde bis Ende Januar verlängert. Sie wollen den Vereinen bis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs vier Wochen Vorbereitungszeit geben. Ist da ein Start Ende Februar, wie angedacht, noch realistisch?

Unsere Grundlinie war, dass wir auf die Vorgaben der staatlichen und behördlichen Stellen reagieren. Das heißt: Wenn gespielt werden darf, spielen wir – und wenn nicht gespielt werden darf, spielen wir nicht. Entscheidungsträger sind die staatlichen Stellen. Wir haben angekündigt, dass wir den Vereinen grundsätzlich vier Wochen Vorlaufzeit geben. Wir haben aktuell die Situation, dass sich ein Haushalt mit einem Menschen treffen darf. Rechnen wir das auf den Fußball hoch, also auf eine Mannschaft und den jeweiligen Gegner, da können Sie sich ausmalen, was alles passieren muss, bis wieder gespielt werden kann. Es bleibt abzuwarten, was alles möglich sein wird, wenn dieser Lockdown wieder aufgehoben wird. An Spekulationen wollen wir uns aber nicht beteiligen.

 

Sie haben verschiedene Modelle entwickelt. Eine Auf- und Abstiegsrunde wäre bei einem Start Ende Februar noch möglich. Es gibt auch die Variante, die kleineren Staffeln ohne eine solche Runde zu beenden. Ab welchem Zeitpunkt wäre eine Aufstiegsrunde nicht mehr umzusetzen? 

Drewitz: Da fange ich am besten von hinten an: Wenn wir nicht mehr weiterspielen dürfen oder wenn wir eine bestimmte Mindestanzahl von absolvierten Spielen in den Klassen nicht erreichen, werden alle wieder auf null gestellt und wir fangen genauso an, wie wir im September begonnen haben. Das heißt mit identischen Staffeln. Ein anderes Szenario ist, dass wir wenigstens in eine Wertung kommen. Heißt, es werden so viele Spiele ausgetragen, dass es Auf- und Absteiger gibt. Die beste Variante wäre, mit einer Auf- und Abstiegsrunde zu spielen. Da wird es unter Umständen individuelle Lösungen geben, was von den Zeiträumen abhängt, wann es wieder losgehen kann.

Monath: Auch bei einer Wiederaufnahme ist ja nicht gesagt, dass wir die Saison reibungslos beenden können. Auch dann wird es womöglich Spiele geben, die ausfallen, weil sich Spieler infiziert haben. Das Thema wird uns bis zum 30. Juni begleiten. Derzeit haben wir so viele Unwägbarkeiten vor uns, dass wir nicht sagen können, welche dieser drei beschriebenen Optionen es sein wird.

Drewitz: Wir können derzeit nicht sagen, wann es weitergeht. Mittlerweile wird sogar von einer dritten Welle gesprochen, denken Sie nur an die Diskussion über das mutierte Virus. Unser Grundsatz bleibt: Was wir können, werden wir machen – aber mehr ist natürlich auch nicht möglich.

 

Sehen Sie die Gefahr, dass es manche Vereine nicht mehr aus dem Lockdown schaffen?

Monath: Ein Indikator dafür kann auch das Wechselverhalten in der Winterpause sein. Diese Wechselperiode II läuft aber erst seit ein paar Tagen. Da ist es schwer, schon etwas zu sagen. Wir bekommen allerdings mit, dass viele Trainer Kontakt zu ihren Spielern halten, ihnen Trainingspläne schreiben. Da wird viel versucht, damit Aktivitäten erhalten bleiben. Wir haben eine Winterliga im E-Football entwickelt, um die Bindung zu den Vereinen zu halten. Klar ist: Dieser Lockdown macht es für alle Beteiligten noch schwieriger.

Drewitz: Man muss auch strukturell schauen. Es gibt Vereine, die finanzielle Belastungen haben, die erfüllt werden müssen. Das Problem ist, solange diese Vereine keine Wirtschaftsunternehmen sind, gibt es keine Förderungen, keine Überbrückungshilfen. Dort, wo ich einen laufenden Finanzbedarf habe, ist das auf Dauer für die Vereine eine ganz erhebliche Belastung.

 

Gerade im Jugendbereich gibt es vielerorts die Befürchtung, dass die Kinder wegbleiben. Haben Sie diese auch?

Drewitz: Das ist in der Tat eine Gefahr. Das Wichtigste ist, dass die Leute im Verein – Betreuer, Trainer – Kontakt halten. Da spielt auch die Digitalisierung eine Rolle. Kinder – aber auch die Eltern – brauchen das Gefühl, da ist immer noch jemand da, den ich brauche, zu dem ich wieder hingehen kann. Wenn das völlig wegbricht, dann kann es sein, dass niemand mehr antwortet, wenn wir wieder anfangen dürfen. Wichtig ist, den Kontakt weiterhin zu pflegen. Auch unsere E-Football-Liga ist dahingehend ein Angebot. So haben die Vereine die Möglichkeit, sich bei ihren Mitgliedern zu melden, haben etwas für sie.

 

Wie sieht es bei den Pokalwettbewerben aus?

Monath: Im Verbandspokal steht das Viertelfinale an. Da sind wir also relativ weit. Wir haben die Hoffnung, dass wir die ausstehenden Runden noch unterbekommen. Das haben wir im vergangenen Jahr auch geschafft. Auch im Kreispokal sind wir weit.

 

Welche Bedeutung hat es für den Amateurfußball, dass der Profifußball auch im Lockdown weiterspielen darf?

Drewitz: Man rügt die Öffentlichkeit ja oft dafür, dass sie Dinge so undifferenziert beleuchtet. An dem Punkt bin ich froh, dass man sehr gut differenziert. Die durchaus vorhandene gesellschaftspolitische Problematik auf der einen Seite und auf der anderen Seite die wirtschaftliche Komponente, die dem gesamten Fußball zu Gute kommt.

 

Was bedeutet der zweite Lockdown speziell für den Verband, auch die Geschäftsstelle in Edenkoben?

Drewitz: Es ist alles etwas gedämpfter, aber die Aufgaben gehen weiter. Wir versuchen gerade auch im Onlinebereich einiges zu machen, zum Beispiel ein Schiedsrichterlehrgang für Neulinge. Wir haben in diesem Jahr Verbandstag am 3. Juli, müssen bis Februar unsere noch ausstehenden Kreisschiedsrichter- und Kreisjugendtage machen. Die Kreisjugend- und Kreisschiedsrichtertage werden wir in digitaler Form abhalten müssen. So etwas muss vorbereitet werden. Für uns als Verband ist das Neuland. Dann ist da auch die E-Football-Liga, um die sich Kollegen kümmern. Ein Dank geht an unsere Sponsoren, die dem Verband die Treue halten. Wobei dies bei einem weiteren oder einem noch längeren Lockdown schwieriger werden wird.

Monath: Gerade im Onlinebereich wird einiges entwickelt – ob Training zu Hause oder Jugendleiterlehrgänge. Das muss alles aufgebaut und dann auch gestemmt werden. Da gibt es aktuell sogar Mehrarbeit. Die Buchhaltung hatte im November und Dezember die Haushaltsplanungen zu machen, jetzt ist der Jahresabschluss dran. Es ist also die Phase, wo die Kolleginnen und Kollegen ohnehin immer Hochbetrieb haben. Im Moment entsteht ganz viel Neues. Viele Dinge, die man in der Vergangenheit versucht hat nebenher mitzumachen, können wir nun konzentriert angehen. Es laufen ganz viele Projektarbeiten. Zudem müssen die Kreistage vorbereitet werden. Wenn es ganz schlecht läuft, müssen wir alles online machen. Wobei wir das Ziel haben, unsere Kreistage möglichst als Präsenzveranstaltung abzuhalten.

 

Herr Drewitz, hat sich an Ihrer Ankündigung, beim Verbandstag noch einmal als Präsident kandidieren zu wollen, in diesem Corona-Jahr etwas geändert?

Meine Planung war, noch einmal für eine letzte Amtszeit zu kandidieren. Dadurch, dass der Verbandstag um ein Jahr verschoben werden musste, werden wir die Amtszeit auf drei Jahre begrenzen, um ab 2024 wieder zu dem normalen Vierjahresturnus zurück zu kehren. Ich strebe weiterhin mit meinem Team an, um das Vertrauen der Vereine zu werben. Vielleicht ist es ja auch gut, dass in dieser pandemiebedingten Stressphase eine bewährte Mannschaft den Verband führt. Das muss aber selbstverständlich der Verbandstag entscheiden. Aber beim Fußball-Regional-Verband Südwest werde ich das Präsidentenamt abgeben. Hier ist der Verbandstag am 26. Juni geplant. Wir als Südwestdeutscher Fußballverband werben hier für den Alzeyer Thomas Bergmann als meinen Nachfolger.

 

Quelle: DIE RHEINPFALZ, 13.01.2021

Interview: Sebastian Stollhof