Bundesliga-Kommentar: Hertha BSC - Der ganz normale Wahnsinn

14.03.2022
Felix Magath - Bundesliga Kommentar von Horst Konzok

Der Krieg, den der russische Präsident Putin in der Ukraine vom Zaun gebrochen hat, lässt hierzulande nur wenige Menschen kalt. Die Schreckensbilder vom Tod so vieler Menschen, vom Leid, das Hunderttausende zur Flucht aus der Heimat treibt, sind nur schwer zu ertragen. Der Fußball zeigt Flagge für die Ukraine, für die Menschen in der Ukraine. Bemerkenswert ein Satz des in der Friedensstadt Osnabrück geborenen Schriftstellers Erich Maria Remarque. Der Satz war auf einem Banner im Stadion an der Bremer Brücke zu lesen:  „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen.“

 

Magath – Panikmache oder Trumpfkarte?

Das Ultimatum war deutlich: Punkten um jeden Preis! Dass Hertha BSC nach dem 0:2 im Krisengipfel in Mönchengladbach Trainer Tayfun Korkut „feuern“ würde, überraschte demnach niemanden mehr. Überraschend ist allerdings die Nachfolgeregelung: Felix Magath, inzwischen 68, vor zehn Jahren letztmals in der Bundesliga als Trainer im Sold, übernimmt die Mission beim Tabellenvorletzten. Magath wurde einst als  Feuerwehrmann beim Hamburger SV, beim 1. FC Nürnberg, bei  Eintracht Frankfurt, beim VfB Stuttgart und beim VfL Wolfsburg als Retter gefeiert. Später feierte er als Trainer beim VfB Stuttgart, als Meistermacher bei den Münchner Bayern und beim VfL Wolfsburg Triumphe, erarbeitete sich einen erstklassigen Ruf. Mal harter Hund, mal kluger Taktiker, mal großartiger Motivator. Aber Magath ist lange raus aus dem Bundesliga-Business. Es lief am Ende auch nicht mehr rund für den Teetrinker. Nicht in Schalke, nicht in Wolfsburg, nicht beim FC Fulham, mit dem er 2015 aus der Premier League  abgestiegen ist. Magaths letztes sicher sehr einträgliche Trainer-Engagement endete im Dezember 2017 beim chinesischen Erstligisten Shandong Luneng Taishan sang- und klanglos. Flyeralarm Global Soccer hatte sich 2020 wohl auch mehr Erfolg für die Würzburger Kickers und Admira Wacker Mödling erhofft, als Magath als Berater engagiert wurde. 

 

Bobics Ruf leidet Not

Jetzt setzt Fredi Bobic, Sportvorstand von Hertha BSC, auf den Retter-Ruf Magaths. Bobic, dessen Ruf nach knapp neun Monaten in der Hauptstadt reichlich Not gelitten hat, spielt mit Magath wohl die letzte Karte im Klassenkampf aus. Es ist kaum zu erwarten, dass der als Quälix bekannte Trainer auf dem Maifeld  einen  Hügel aufschütten lässt, um seine Schützlinge wie damals in Wolfsburg mit Medizinbällen bewaffnet rauf und runter sprinten zu lassen. Aber was kann der gewesene Erfolgstrainer mit einem Kader bewegen, wo nichts wirklich zusammen passt? Dass Hertha keine wirkliche Mannschaft hat, räumt auch Bobic ein, der bei seinem Umbruchversuch Schiffbruch erlitten hat. Pal Dardai hatte in 14 Spielen 14 Punkte geholt. Unter seinem Nachfolger Tayfun Korkut gab es zwei Siege, drei Remis und neun Niederlagen, dabei fünf in Folge. Macht in zwölf Spielen erbärmliche neun Punkte. Dass Bobic bei der Niederlage der Berliner in Fürth fehlte und stattdessen Urlaub beim Super Bowl in Amerika machte, passt zur Großspurigkeit des Großstadtklubs. Es war das falsche Signal. Bobic hatte den Ernst der Lage  nicht erkannt. Jetzt ist es an Magath, aus dem Trümmerhaufen eine Mannschaft zu formen. Acht Spiele bleiben. Zum Einstand Magaths kommt die TSG 1899 Hoffenheim. Ein Brocken. Dann geht’s nach Leverkusen, dem schweren Gang folgt das Derby gegen Eisern Union. Der sportliche Offenbarungseid droht!  

 

Text: Horst Konzok (SWFV-Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit
Bild: GettyImages